Kleinunternehmer: Umbruch bei der Umsatzsteuer

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Kategorie: Steuerberatung

Ab dem kommenden Jahr steht die Kleinunternehmerregelung bei der Umsatzsteuer auf neuen Beinen. Geschäftsleute sollen es dadurch in ihrer täglichen Steuerpraxis deutlich leichter haben. Erstmals ist die Befreiung von der USt auch für den EU-Raum möglich. Lesen Sie im Folgenden, welche neuen Optionen der Gesetzgeber für Kleinunternehmer geschaffen hat – und welche Formalitäten es dabei strikt einzuhalten gilt.

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Der Status quo

Nach der derzeitigen Rechtslage, gültig bis 31.  Dezember 2024, bleiben Umsätze von Unternehmen, die im Inland tätig sind, bis EUR 35.000,– pro Veranlagungszeitraum umsatzsteuerfrei. Diese Grenze darf innerhalb von fünf Jahren einmalig (und dann um nicht mehr als 15 %) überschritten werden. Der Verwaltungsgerichtshof hat schon frühzeitig klargestellt, dass es sich bei den EUR 35.000,– um einen Nettobetrag handelt, wenn man eine Umsatzsteuerpflicht unterstellt. Kommt der Normalsteuersatz von 20 % zur Anwendung, sind daher de facto sogar umsatzsteuerfreie Einnahmen von bis zu EUR 42.000,– möglich.

Die Neuerungen ab 2025

Die Kleinunternehmergrenze steigt im neuen System und liegt dann bei EUR 55.000,–. Anders wird es auch für alle, die diese Grenze künftig überschreiten. Denn anstelle der „alten“ Bestimmung (15 % innerhalb von fünf Kalenderjahren) kommt eine 10-%-Toleranzregelung. Demnach kann, wer die Umsatzgrenze um nicht mehr als 10 % überschreitet, ab 2025 seine USt-Befreiung (noch) bis zum Ende des jeweiligen Kalenderjahres beanspruchen. Eine Überschreitung um mehr als 10 % führt hingegen dazu, dass die Befreiung sofort entfällt. Die neue Rechtslage unterscheidet sich hier also markant von der alten. Denn bei Letzterer wirkte das Überschreiten der Umsatzgrenze auf den Jahresbeginn zurück, was einen massiven administrativen Mehraufwand verursachte.

Ein Beispiel: Geschäftsmann Josef betreibt sein Unternehmen in Österreich. Er ist als Kleinunternehmer von der Umsatzsteuer befreit. 2025 erzielt er von Jänner bis Oktober inländische Umsätze in Höhe von EUR 53.000,–. Am 1. November verkauft er Waren um EUR 9.000,–. Für diesen Verkauf – die Toleranzgrenze ist überschritten – und für alle danach erzielten Umsätze kann Josef die Kleinunternehmerregelung nicht mehr beanspruchen. Die von Jänner bis Oktober erwirtschafteten Umsätze bleiben hingegen von der Umsatzsteuer befreit.

EU-weite Kleinunternehmerregelung

Österreich setzt mit den neuen Regeln in Sachen Umsatzsteuer auch eine Richtlinie der Europäischen Union um. Daraus ergeben sich wesentliche Veränderungen: Künftig können auch Firmen die Kleinunternehmerbefreiung nutzen, die ihr Geschäft nicht in Österreich, sondern in einem anderen Mitgliedstaat betreiben. Maßgeblich dabei ist, dass weder im jeweils vorangegangenen noch im laufenden Jahr der unionsweite Umsatz EUR 100.000,– übersteigt. Außerdem ist ein bestimmtes formelles Verfahren (siehe unten) einzuhalten. Auch hier gilt: Überschreitet ein Betrieb die Grenze von EUR 100.000,–, fällt die Befreiung sofort!

Will eine in einem EU-Mitgliedstaat ansässige Firma ihre nationale Befreiung beanspruchen, darf sie weder über die unionsweite Grenze von EUR 100.000,– noch über die jeweilige landeseigene Schwelle (EUR 55.000,– in ­Österreich) kommen.

Inländische und grenzüberschreitende Regelung im Verhältnis zueinander

Die neu geschaffenen Grenzwerte auf nationaler und auf Unionsebene eröffnen vor allem Unternehmern, die im Inland tätig sind, diverse Kombinations­möglichkeiten. Wer die beiden genannten Schwellen­werte (national und EU-weit) einhält, kann sowohl die inländische als auch die grenzüberschreitende Befreiung in Anspruch nehmen. Ebenso ist es möglich, nur eine der beiden zu wählen. Selbstver­ständlich steht es jedem Wirtschaftstreibenden auch frei, gänzlich auf die Kleinunternehmerregelung zu verzichten.

Die Formalitäten

Wollen Sie als Steuerpflichtiger die grenzüberschreitende Kleinunternehmerregelung nutzen, ist der Mitgliedstaat zu benachrichtigen, in dem Sie ansässig sind. Im Zuge dieser Benachrichtigung haben Sie einige Informationen an die Behörde zu übermitteln. Gleichzeitig werden die angesprochenen Umsatzgrenzen der Vorjahre überprüft.

CONSULTATIO-TIPP: Um im Formalitäten-­Dschungel den Überblick zu bewahren, kontaktieren Sie frühestmöglich Ihren CONSULTATIO-Experten!

Erfüllen Sie alle Voraussetzungen für die grenzüberschreitende Kleinunternehmerregelung, bekommen Sie eine individuelle Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer mit dem Zusatz „EX“. Diese Nummer ist dann in allen Mitgliedstaaten gültig, für die Sie die Kleinunternehmerbefreiung beantragt haben und deren nationale Voraussetzungen Sie erfüllen. Wichtig: Erst mit der Vorlage Ihrer gültigen „EX“-ID-Nummer können Sie Ihre Umsätze auch steuerfrei belassen!

Die Meldepflichten

Beanspruchen Sie die unionsweite Kleinunternehmerregelung, kommen Sie um eine vierteljährliche Meldung Ihrer Umsätze nicht herum. Zum einen ­müssen Sie die im Kalendervierteljahr in Ihrem Heimatland erzielten Umsätze melden – zum anderen auch die Umsätze in EU-Ländern, bei denen es sich nicht um Ihren Ansässigkeitsstaat handelt. Dafür haben Sie nach Ablauf des betreffenden Kalendervierteljahres einen Monat Zeit.

Praxisfall Vermietung

Die Änderungen der Kleinunternehmerregelung werden auch Vermieter von im Inland gelegenen Immobilien interessieren, die einen ausländischen Wohnsitz haben. Sie können unter bestimmten Voraussetzungen von der Befreiung profitieren. Entscheidend ist dabei, ob der Mitgliedstaat, in dem die Immobilie liegt, das Wahlrecht ausübt. Die bereits angesprochenen nationalen und EU-­weiten Schwellenwerte sind hier selbstverständlich ebenso einzuhalten wie die Berichts- und Meldepflichten. Vorsicht ist im Hinblick auf die Schwellenwerte geboten – wer Immobilien in mehreren Mitgliedstaaten vermietet, erreicht schnell die Deckelung.

Beachten Sie auch: Vermieter aus Drittländern (z. B. Schweiz, Liechtenstein) sind in Österreich schon ab dem ersten Euro Mieteinnahme steuerpflichtig. Die neue Kleinunternehmer-Regelung gilt nur für Unternehmer aus EU-Mitgliedstaaten.

CONSULTATIO-TIPP: Erzielt ein heimischer Unternehmer zwar in Österreich Umsätze von mehr als EUR 55.000,–, insgesamt jedoch EU-Umsätze von weniger als EUR 100.000,–, dann kann er im EU-Ausland mit seinen Auslandsumsätzen als Kleinunternehmer steuerbefreit sein. Allerdings hat er in Zusammenhang mit den steuerfreien Auslands­umsätzen dann keinen Vorsteuerabzug.

Tobias Haas, LL.B.
Berufsanwärter Steuerberatung

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