Das Finanzministerium hat die ökosoziale Steuerreform als größte Steuerentlastung in der Zweiten Republik angepriesen. Nun ist sie in Kraft getreten. CONSULTATIO News bot Ihnen zuletzt einen Überblick über die mit der Reform eingeführten „Steuer-Goodies“. In den kommenden Ausgaben durchleuchten wir nun die wichtigsten Regelungen im Detail. Den Auftakt machen Neuerungen, die Sie schon jetzt berücksichtigen müssen. Außerdem erfahren Sie, welche Änderungen Ihnen der Lohnsteuerwartungserlass 2021 beschert.
Die Steuerreform, ganz genau unter die Lupe genommen
Niedrigerer Steuertarif, höherer Familienbonus Plus
Bei der Einkommensteuer sinkt die zweite Tarifstufe ab 1. Juli 2022 von 35 % auf 30 %. Diese unterjährige Reduktion schafft für 2022 einen Mischsteuersatz von 32,5 %. Arbeitgeber, aufgepasst: Bis spätestens 31. Mai 2022 sind die bereits abgelaufenen Lohnzahlungszeiträume, in denen noch der alte Steuersatz zur Anwendung kam, aufzurollen und dem neuen Mischsteuersatz zu unterwerfen. Berücksichtigen Sie für Ihre Arbeitnehmer im Rahmen der laufenden Lohnverrechnung den Familienbonus Plus? Dann beachten Sie bitte auch, dass der Bonus ab Juli 2022 EUR 166,68 (statt bisher EUR 125,–) pro Monat beträgt.
Steuerfreie Essensgutscheine
Bereits seit 1. Juli 2020 können Firmen an ihre Beschäftigten Restaurantgutscheine von bis zu EUR 8,– pro Arbeitstag steuerfrei ausgeben. Diese Befreiung gilt ab 2022 offiziell nicht mehr nur fürs Speisen im Restaurant, sondern auch für Take-away oder Essenslieferungen – vorausgesetzt, eine Gaststätte oder ein Lieferservice hat das Essen auch zubereitet. Können die Gutscheine auch für Lebensmittellieferungen oder von Supermärkten zubereitete und gelieferte Mahlzeiten verwendet werden, dann gilt die Befreiung nur bis EUR 2,– pro Arbeitstag.
Öffi-Tickets und Pendlerpauschale
Auf Bahn, Bus und Bim umzusteigen soll noch attraktiver werden. Deshalb hat der Fiskus das Jobticket auf sämtliche verfügbare Ticketarten ausgedehnt (Netzkarten, Streckenkarten). Bisher galt diese Steuerbefreiung nur, wenn der Betrieb den Mitarbeitern eine Streckenkarte für den Weg zwischen Wohnung und Arbeit bereitgestellt hat. Die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit wurden geändert: Das Ticket hat nun zumindest am Wohn- oder Arbeitsort und für Fahrten innerhalb eines längeren Zeitraums gültig zu sein. Damit sind Wochen-, Monats- oder Jahreskarten begünstigt, Einzelfahrscheine und Tageskarten von der Steuerbefreiung aber ausgeschlossen. Steuerfrei bleiben Tickets künftig auch, wenn der Dienstgeber die Kosten dafür nur teilweise übernimmt – also etwa für den Weg zwischen Arbeitsplatz und Wohnstätte.
Die Kalendermonate, in denen ein Werksverkehr Arbeitnehmer befördert, sind – wie schon bisher – in der Lohnverrechnung zu berücksichtigen. Und seit 1. Juli 2021 gilt: Im Lohnkonto müssen auch jene Kalendermonate angegeben werden, in denen der Arbeitgeber die Kosten für Wochen-, Monats- oder Jahreskarten (1-2-3-Ticket) trug – inklusive der Höhe. Die Ausweitung des Jobtickets hat Abgrenzungsfragen in Richtung Pendlerpauschale aufgeworfen. Der Lohnsteuerwartungserlass stellt dazu nun klar: Hat ein Arbeitnehmer prinzipiell Anspruch auf Pendlerpauschale und Öffi-Ticket, ist zu überprüfen, ob Letzteres für den gesamten Arbeitsweg gilt. Wenn nicht, steht für die ausgelassene Wegstrecke ein Pauschale zu. Zahlt der Chef hingegen für mehr als 50 % der monatlichen Arbeitstage ein Öffi-Ticket, das den gesamten Arbeitsweg einschließt, steht dem Arbeitnehmer gar kein Pendlerpauschale zu.
Consultatio-Tipp: Bevor Sie einen Mitarbeiter mit einem Öffi-Ticket beglücken, sollten Sie daher unbedingt abklären, ob für ihn nicht das Pendlerpauschale günstiger ist!
Im vergangenen Jahr sorgte eine gesetzliche Sonderbestimmung dafür, dass sich das Pendlerpauschale bei Covid-19-bedingtem Homeoffice phasenweise wie in der Zeit vor der Pandemie berücksichtigen ließ – selbst wenn die Fahrten ins Büro ausblieben. Das ist jetzt anders: Ab 2022 darf für einen bestimmten Arbeitstag nur entweder das Pendler- oder das Homeoffice-Pauschale beansprucht werden. Wer an elf oder mehr Tagen zum Arbeitsplatz pendelt, hat Anspruch auf das volle Pendlerpauschale. An den dazwischenliegenden Homeoffice-Tagen steht nur das Homeoffice-Pauschale zu.
Sachbezug fürs Parken in Wien
Wien hat das Parkpickerl mit 1. März 2022 auf alle Bezirke ausgeweitet. Damit gewinnt für viele Mitarbeiter an steuerlicher Bedeutung, wenn ihnen die Firma kostenlos einen Parkplatz gewährt: Nutzt ein Arbeitnehmer in den nun parkraumbewirtschafteten Bereichen kostenfrei Parkplätze des Arbeitgebers, ist für ihn ab März ein monatlicher Sachbezug von EUR 14,53 zu berücksichtigen.
Homeoffice- und Arbeitsplatzpauschale
Vielleicht findet ja die Pandemie 2022 endlich ein Ende. Viele Menschen werden dennoch weiterhin die Möglichkeit nutzen, im Homeoffice zu werken. Das verursacht Arbeitnehmern allerdings zusätzliche Kosten. Um diese abzugelten, hat sich der Gesetzgeber im vergangenen Jahr dazu entschlossen, ein nicht steuerbares Homeoffice-Pauschale einzuführen.
Firmen können ihren Mitarbeitern nun bis zu EUR 3,– pro Tag für maximal 100 Homeoffice-Tage jährlich ersetzen. Alternativ hat der Arbeitnehmer selbst die Möglichkeit, maximal EUR 300,– als Werbungskosten geltend zu machen – zusätzlich zum allgemeinen Werbungskostenpauschale. Ein vom Unternehmen bezahltes Homeoffice-Pauschale muss dabei selbstverständlich berücksichtigt werden. Unabhängig davon, welche Variante gewählt wird, müssen Sie als Arbeitgeber sowohl im Lohnkonto als auch im Lohnzettel L16 die Anzahl der Homeoffice-Tage sowie die Höhe des ausbezahlten Homeoffice-Pauschales erfassen.
Homeoffice für Selbstständige
Und was ist mit den Selbstständigen? Sie setzen schließlich auch vermehrt auf die Arbeit von zu Hause. Bislang konnten sie die Kosten für Miete, Strom, Gas etc. nur absetzen, wenn sie über ein eigenes Arbeitszimmer verfügten. Zudem mussten sie nachweisen können, dass dieser Raum der Mittelpunkt ihrer Tätigkeit ist. Die Steuerreform 2022 macht es nun möglich, die genannten Ausgaben in Form eines Arbeitsplatzpauschales geltend zu machen.
Wie hoch selbiges ist, hängt davon ab, ob Sie als Selbstständiger noch weiteren Tätigkeiten nachgehen und dafür ein Büro außerhalb Ihrer Wohnung nutzen: Verdienen Sie mit einer solchen weiteren Arbeit weniger als EUR 11.000,– pro Jahr, dann beträgt das Pauschale EUR 1.200,–. Weitere Wohnraumausgaben dürfen Sie in diesem Fall nicht geltend machen. Bringt Ihnen die zusätzliche Tätigkeit mehr als EUR 11.000,– ein, gibt es EUR 300,– Pauschale. Außerdem dürfen Sie noch weitere Ausgaben von bis zu EUR 300,– für ergonomisches Mobiliar (Schreibtisch, Drehstuhl etc.) absetzen!
Consultatio-Tipp: Betriebliche Arbeitsmittel wie Computer, Kopierer oder Drucker lassen sich selbstverständlich zusätzlich absetzen. Das Arbeitsplatzpauschale können Sie auch dann geltend machen, wenn Sie Ihren steuerlichen Gewinn mittels Pauschalierungen ermitteln. Bei mehreren betrieblichen Homeoffice-Tätigkeiten steht das Pauschale jedoch nur einmal zu.