Corona-Hilfen: Jetzt prüft der Fiskus zurück

Zwei Jahre lang herrschte in Sachen COVID-19-Förderungen eine „Koste es, was es wolle“-Stimmung. Nun aber folgen die erwarteten „Aufräumarbeiten“ der Finanz: Im kommenden Jahr legt sie einen Schwerpunkt auf die Nachkontrolle der gewährten Förderungen. Das hat das Finanzministerium kürzlich verkündet. CONSULTATIO News berichtet, worauf sich Unternehmer gefasst machen müssen, und zeigt auf, welche Fallen im Verfahrensrecht lauern.

Mehr als EUR 40 Milliarden an Corona-Hilfen hat die Bundesregierung seit Beginn der Pandemie genehmigt. Doch wurden auch alle – flott ausbezahlten – Fördermittel rechtmäßig bezogen? Nach dem großzügigen Geldsegen folgt jetzt die kritische Nachschau. Die Finanzamtsprüfer waren ja bereits in den Corona-Jahren als Vorweg-Gutachter in die Abwicklung von COVID-19-Fördermaßnahmen eingebunden. Sie haben vor der Auszahlung der Fördergelder mehr als 83.000 „Ergänzungsgutachten“ erstellt. Dadurch sank übrigens die Zahl der „normalen“ Betriebsprüfungen seit 2019 deutlich.

Ab sofort kontrollieren aber die Emissäre des Fiskus im Rahmen von Außenprüfungen und der gängigen Nachschau genau, ob gewährte Hilfsgelder auch zu Recht geflossen sind. Der Finanzminister kündigte zwar an, dass seine Beamten mit Fingerspitzengefühl vorgehen werden. Doch viele redliche Unternehmer befürchten zusätzliche Belastungen und eine kleinliche Auslegung der nicht immer eindeutigen Förderrichtlinien.

Umfangreiche Nachkontrollen möglich

Grundlage für die Überprüfung der Unterstützungsleistungen an Betriebe und Non-Profit-Organisationen ist das Corona-Förderprüfungsgesetz (CFPG). Es sieht vor, dass die Nachschau auch unabhängig von laufenden Betriebs- oder Lohnabgabenprüfungen angeordnet werden kann. Das betrifft praktisch alle Zuschüsse und Haftungen in Sachen COVID-19, vom Ausfallbonus über den Fixkostenzuschuss bis hin zu den Kurzarbeitsbeihilfen. Die Finanzer kontrollieren auch ausbezahlte AWS-Investitionsprämien sowie NPO- und Künstler-Unterstützungen etc. nach. Haben sie Zweifel an der Richtigkeit von Auskünften, Unterlagen oder Daten eines Förderempfängers, dann setzt es einen Prüfbericht an den Fördergeber (COFAG, AWS, ÖHT, AMS, zuständige Ministerien).

Das Recht zu prüfen leitet sich in der Regel aus den Bedingungen ab, die im privatrechtlichen Fördervertrag mit dem Fördergeber vereinbart wurden. Darin haben sich die Antragsteller dazu verpflichtet, der fördernden Stelle oder einem von ihr Bevollmächtigten

  • alle Auskünfte zu erteilen und Unterlagen vorzulegen, die im Zusammenhang mit der Förderung stehen.
  • jederzeit eine Prüfung und Einsichtnahme in die sonstigen Aufzeichnungen und Belege zu ermöglichen.
  • weitere Auskünfte zu erteilen und Unterlagen zu übermitteln, die nötig sind, um zu prüfen, ob eine Förderung dem Grunde und der Höhe nach zustand.

Wann Rückzahlungen fällig sind

Diese Verträge verpflichten üblicherweise bereits zu Rückzahlungen, wenn

  • der Förderwerber eine Überprüfung be- oder verhindert oder
  • sich die Voraussetzungen fürs Gewähren und die Höhe der Förderung innerhalb der Aufbewahrungsfristen nicht mehr überprüfen lassen, weil der Förderwerber Unterlagen nicht (ordentlich) aufbewahrt hat.

Achtung: In den Bedingungen für die einzelnen Fördermaßnahmen sind unterschiedlich lange Aufbewahrungsfristen festgelegt. Zum Teil gehen diese erheblich über die gesetzlichen Fristen des § 132 BAO hinaus. Als Empfänger der AWS-Investitionsprämie haben Sie sich etwa dazu verpflichtet, Bücher, Belege und andere prüfungsrelevante Unterlagen nach Ende des Kalenderjahres der letzten Auszahlung mindestens zehn Jahre lang aufzubewahren. Diese beachtliche Frist gilt auch für die Kurzarbeitsbeihilfe!

„Prüfungsfragen“ des Fiskus

Die Erfahrungen aus der bisherigen Prüf- und Ergänzungsgutachtenspraxis zeigen: Häufig hinterfragt die Finanz, ob Umsatzrückgänge tatsächlich COVID-19-bedingt waren. Oft verlangt sie auch eine Dokumentation, welche Maßnahmen zur Schadensminderung einnahmen- und ausgabenseitig gesetzt wurden. Besonders heikel kann die Prüfung von Fixkostenzuschüssen für Geschäftsraummieten werden. Hier ist – im Falle von Betretungsverboten – möglicherweise strittig, wie (un-)brauchbar ein Mietobjekt tatsächlich war. Gleiches gilt für die Pflicht der Firmen, Mietzinsen zurückzufordern, um den finanziellen Schaden zu mindern. Die Interpretationsspielräume sind jedenfalls groß, unangenehme Prüfungsverläufe daher vorprogrammiert. Erschwerend kommt hinzu, dass Förderempfänger ihre Ansprüche nicht in einem Verwaltungsverfahren geltend machen können – möglich ist nur ein Zivilverfahren. Das aber kann teuer und zeitaufwendig sein.

Freiwillig zurückzahlen und melden?

Der Finanzminister appelliert an alle Unternehmer, die zu viel Hilfe kassiert haben, den Sachverhalt rechtzeitig zu melden und das Geld freiwillig zurückzubezahlen. Wenn nämlich die Prüfer einen Fördermissbrauch feststellen, müssen sie das der Staatsanwaltschaft melden. Und dann fordert nicht nur der Geldgeber die zu hoch bezogenen Fördermittel zurück, es kann auch zusätzlich zu harten Strafen kommen!

Übermäßig Fördergelder bezogen zu haben ist allerdings nicht immer zwingend strafrechtlich relevant. In manchen Fällen erkennt ein Förderempfänger, dass er wegen irrtümlicher Kalkulationen oder fehlerhafter Branchenzuordnung etc. zu viel Geld von der COFAG erhalten hat. Dafür gibt es die elektronische Korrekturmeldung. Wer eine solche einbringt, muss der Förderstelle den Korrekturbetrag aber schon vorher zurücküberwiesen haben! 

Bei vorsätzlichem Förderbetrug ist die freiwillige Korrekturmeldung eine wesentliche Möglichkeit, durch die sogenannte tätige Reue eine Strafe zu vermeiden. Wer die strafbefreiende Wirkung der Korrekturmeldung nutzen will, muss aber das erwähnte strenge Prozedere einhalten. Denn unbedingte Voraussetzung für die tätige Reue im Sinne des Strafgesetzbuches ist, dass ein „Sünder“ die zu Unrecht bezogenen Fördergelder eben vollständig zurückbezahlt hat, bevor er den Behörden sein Fehlverhalten offenlegt. Dies ist ein gravierender Unterschied zu einer Selbstanzeige im Finanzverwaltungsverfahren.

Andere Spielregeln

Die Unterschiede im Verfahren zwischen finanzstrafrechtlicher Selbstanzeige und tätiger Reue via COFAG-Korrekturmeldung erfordern es, höchst professionell vorzugehen. Für die Förderprüfung gelten generell andere Regeln als für die „normale“ Betriebsprüfung. Das Finanzamt handelt in Fördersachen nicht als hoheitliche Abgabenbehörde, sondern als Gutachter. Es darf daher zum Beispiel bei reinen Förderprüfungen weder Zeugen einvernehmen noch im Rahmen der Beistandspflicht Auskünfte bei anderen Behörden einholen. Wenden Sie sich jedenfalls an Ihre CONSULTATIO-Betreuer­Innen, bevor die Förderprüfer kommen!

Dr. Georg Salcher
Geschäftsführender Gesellschafter Steuerberater

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